gestern abend haben wir auf unserer neuen riesenglotze eine weile in einen film reingeschaut, der die reise von 5 rucksacktouristen in indien beleuchtete. sehr authentisch und lustig. in den geschichten der indienreisenden habe ich mich sofort wiedergefunden und musste ganz schön oft grinsen. ja ja, man erlebt ganz schön viel, wenn man in indien unterwegs ist. vor allem eine geschichte kam mir ins bewusstsein. es ist eine meiner lieblingsgeschichten, die meiner ansicht nach nicht nur urtypisch für indien ist, sondern es ist auch eine der geschichten, die bleibt. ein leben lang.
ich war damals auf einem kongress in pune. es war ein kongress von großer bedeutung, da religiöse vertreter aus der ganzen welt eingeladen waren, unter anderem auch der dalai lama, den ich bei dieser gelegenheit persönlich kennenlernen durfte. entsprechend „wichtig“ war auch die vorbereitungsphase. schon lange im vorfeld meiner anreise erhielt ich die nachricht, man würde mich, wie alle anderen tagungsgäste auch, persönlich am flughafen abholen. wer indien kennt, weiß, mit welchem pomp so etwas ablaufen kann. ich habe sogar mal eine blaskapelle auf dem rollfeld erlebt 😉
damit rechnete ich diesmal nicht, ich war „nur“ ein ganz gewöhnlicher tagungsgast und referentin, aber vor meinem geistigen auge sah ich bei der landung einen zeremoniell gekleideten inder vor mir, der mich sicher mit einem schild mit meinem namen erwartete. dem war nicht so. nachdem ich erwartungsvoll der großen schar an wartenden, zeremoniell gekleideten indern mit namensschildern in der hand entgegenschritt, musste ich schon bald erkennen, dass niemand auf mich wartete. irgendwann stand ich ganz alleine im flughafengebäude. es sah so aus, als würden sie gleich schließen. es folgte eine sehr nervenaufreibende stunde, während der ich versuchte, vom flughafen aus im tagungssekretariat anzurufen, um herauszufinden, was passiert sei und wie ich zur tagung käme. in indien kann sich so etwas zu einer sehr langen, sehr nervenaufreibenden angelegenheit auswachsen. umso mehr man stress schiebt, desto chaotischer wird alles und am ende steht man kurz vor einem nervenzusammenbruch. so auch ich an diesem tag. irgendwann. irgendwann hatte ich tatsächlich den richtigen menschen am telefon, der mir sagte, ich solle einfach ein taxi nehmen und kommen. das hört sich jetzt so einfach an. tatsächlich entwickelten sich während des telefongesprächs solche missverständnisse, dass mir heute noch davon schwindlig wird.
„hello? this ist misses meyer from germany, berlin. how do i get to the congress?“
„congress?“
„yes sir, congress. how do i get there?“
„how do you get there?“
„YES!“
„where are you now?“
„at the airport.“
„why are you at the airport? you should be here by now.“
„I know, but nobody picked me up here.“
„why?“
„I DON´T KNOW!“
„please don´t talk so loud, I understand you very well. where are you now?“
„at the airport.“
„so, why don´t you just take a taxi, misses?“
„ok, so I take a taxi now. how far is it from the airport to the congress?“
„about 4 hours miss.“
„???????“
um das jetzt hier zu verkürzen: der mann am anderen ende der leitung dachte, ich sei in bombay gelandet, statt in pune. was ich wiederum nicht wusste. der taxifahrer, der mich kurze zeit später in leicht aufgelöstem zustand im wagen sitzen hatte, wusste das auch nicht. als er mich 10 minuten später vor dem MIT absetzte und ich, mittlerweile völlig aufgelöst, ohne anzuklopfen ins büro des sekretariats stürmte, blickte ich in ein fassungsloses gesicht.
„how did you get here so fast, misses???????????“
okay, spätestens hier klärte sich das missverständnis mit bombay. wie ein wasserfall begann ich, ihm meine odyssee zu erzählen. ich muss gewirkt haben wie die hauptdarstellerin von frauen am rande des nervenzusammenbruchs. kaum hatte ich 3 sätze herausgesprudelt, als mich ein energischer satz meines gegenübers ausbremste:
„STOP! stop immediately!“
„?????“
„you make too much stress here. I don´t like that. this is MY office.“
und dann kam der legendäre satz:
„don´t panic in my office. nobody panics in my office, misses.“
völlig perplex setze ich zu einer erklärung an und wurde erneut ausgebremst:
„sshhhht. don´t talk. be silent, please. just look at yourself. there is so much tension in your face. this is not healthy. tooo much tension, misses. now you just sit quiet here, don´t talk and have a cup of tee. relax. then we talk.“
ich war so perplex, dass ich tatsächlich nichts mehr sagte, schweigend den tee entgegennahm, einfach nur auf meinem stuhl saß und an der teetasse schlürfte. mein gegenüber saß ebenso schweigend auf seinem stuhl und beobachtete mich, ernst und doch freundlich schauend, mit wackelndem kopf. inder haben diese ungemein beruhigende und faszinierende art, ihren kopf auf dem hals zu wiegen, als rolle ein ball in einer pfanne öl hin und her. ab diesem zeitpunkt liebte ich das. während wir so dasaßen, breitete sich allmählich eine große ruhe in mir aus. der große stress der letzten stunden, der jetlag und die aufregung fielen von mir ab wie wasser. ich entspannte mich.
„very good, misses,“ nahm mister sudhar das gespräch wieder auf, „now you look so much better, misses, all the tension is gone from your face. you look very much relaxed now. now you look beautiful. you looked ugly before. tension makes you an ugly face.“
so war das damals. es ist eins der dinge, die ich an indien liebe. diese umwerfende offenheit und direktheit, mit der einem die menschen dort begegnen. es ist mir jedesmal passiert, wenn ich in indien war. und diese episode ist mir besonders lieb in erinnerung geblieben. es vergeht kaum ein monat, in dem ich, wenn wieder mal ein stress-verbreitender kollege in meinem büro steht, nicht den satz in meinem kopf habe: „don´t panic in my office!“. vor meinem geistigen auge sitzt dann ein ernst dreinschauender mister sundhar mit wackelndem kopf und innerlich breitet sich sofort ein großes grinsen in mir aus.
Den Satz find ich gut. Warum darf man sowas eigentlich nicht sagen? Warum muß man immer auf die „Befindlichkeiten“ der anderen Rücksicht nehmen? Ich glaub, manchem Zeitgenossen hierzulande würden so offene Worte auch nicht schaden…
Liebe Grüße, Ruthy
liebe ruthy, das seh ich genauso. ich habe mir meine direktheit hierzulande etwas abgewöhnt, da zu oft angeeckt. ist mir jetzt nicht mehr sooo wichtig, außer, jemand steht mir wirklich nah oder geht mir wirklich auf den keks 😉
Der is gut.
Manchmal würde ich mir das hier auch wünschen, vielleicht sollte man es einfach mal versuchen, natürlich inklusive der Tasse Tee …
probiers und berichte! ich habe damit hierzulande auch erfahrungen gesammelt 😉
Hm, darf ich das verlinken?
jou jou 🙂
na dann: http://drkall.wordpress.com/2012/02/21/don%C2%B4t-panic/
😉
Tolle Geschichte.
Ich schliesse mich meinen Vorschreibern an. Diese offene Art wäre hier sicher in manchem Büro ein guter Weg, Du bist ja letztendlich auch damit klar gekommen.
Möge Deine Woche ähnlich relaxed weitergehen.
lieben gruss sue
vielen dank, liebe sue. mal sehen, was der morgige (arbeits-)tag so bringen wird 🙄
Sehr gut – don’t panic in my office – habe ich für mich abgespeichert!!!!
Schön finde ich auch den Satz „Für Pillepalle bin ich nicht zuständig“.
Wir haben gestern eine Sendung über die Küsten Frankreichs gesehen und ich hatte spontan solches Fern- (?) – Heim (?)-weh, dass ich es kaum noch aushielt. So schön da…….
scheint bei euch auch so wunderbar die sonne? wie sehr hat sie mir gefehlt!!!! lola war ganz hibbelig unter mir 😉
Winterlinge und Schneeglöckchen blühen!!!! Das wird, das wird.
Wunderschöne Geschichte! Aber warum soll man in seinem Büro hier in Deutschland nicht auch offen sein dürfen? ICH- Botschaften sind das Zauberwort. Statt dem Gegenüber sein Verhalten vorzuwerfen einfach sagen, wie man sich selbst gerade fühlt. Wirkt meistens.
man darf ja schon, nur die konsequenzen sind hier anders. meine diesbezüglichen versuche im arbeitsalltag waren nicht so von erfolg gekrönt….
don’t panic in my office. […] tension makes you an ugly face.
WUNDERBAR <3. W U N D E R B A R. das geht in mein aktives vokabular ein.
und da passt es auch wunderbar rein 🙂
Die Idee werde ich gleich mal speichern. Könnte man nicht so ein Schild an seine Bürotür hängen… für alle aufgeregten Leute?? LG von Rana
hab ich mal gemacht. fanden nicht alle lustig….spaßbremsen
Ich finde, das ist ein Lebensmotto „don´t panic in my office“ 🙂
Und die Offenheit der Inder ist absolut beneidenswert.
ja, das finde ich auch, liebe blogolade, das finde ich auch 🙂
es hat soooo gut getan, dieses Erlebnis zu lesen – Danke!
LG mo
aber gerne doch 😆
Süße Geschichte!
Klasse Satz! Verdient Kultstatus.
Den klaue ich mir und werde ihn bei nächster Gelegenheit an meinem Teentier ausprobieren, wenn es -mal wieder- morgens um 6.58 Uhr ganz dringend nach „dieser einen schwarzen Jeans“ schreit…
mein sohn war gegen den satz immun 😉
wie schon bei dir hinterlassen, es musste immer der scheiße-schipper ran, das hat immer gewirkt *lach*
Das werde ich mir groß ausdrucken und an die Pinnwand meines Arbeitsplatzes heften: „Don’t panic in my office.“ Das ist supergut! 😀
ja, ist es, ein jahrhundertspruch 😆
Ich sehe es förmlich vor mir. Jedesmal wenn du erzählst ist es so schön plastisch.
Der Satz ist es aber wirklich wert ausgedruckt im Büro zu hängen.
Und mal wieder hast du mein Fernweh geweckt 🙂
das mache ich regelmäßig, gell *verschmitzt guck*
Super Spruch. Das sticke ich im Kreuzstich auf ein großes Tuch und hängs in mein Arbeitszimmer. Und später in mein Büro, wenn ich mal eins kriege. Danke für diese Story! *tension makes me an ugly face… ommmmm*
😆 😆 😆
Hammerstarke Gedankenperle, die Du da Deinem Gedächtnis entlockt hast. Weiter so. Ich male jetzt ein Plakat für mein Büro.
Silke 🙂
ha ha, ein plakat, recht so 😆
Guckst Du Mail 🙂
Diese Geschichte ist herrlich!!!! Das ist so Indien!!!! Ich liebe diese Art. So direkt, so einfach, so hilfreich. Genau das wird mir in Europa fehlen!!! In 4 Wochen ist es soweit….oh mann….vielen Dank für diesen Artikel 😀
liebe mascha, das dachte ich mir, dass dir diese geschichte vertraut ist! genieß deine letzten 4 indien-wochen bis auf den letzten tropfen 🙂
alles liebe!
Das ist nicht nur ein Satz fürs Büro. Das ist ein Satz fürs LEBEN! Ich werde ihn abspeichern und versuchen, ihn abzurufen, wenn TENSION in meinem Gesicht auftaucht. Warum können wir nicht gelassener mit Dingen umgehen, die uns unnötig stressen ?
LG Carina
PS: Kannst Du mir die Bedeutung des Wortes Om erklären. Ich suche mich dämlich im Internet. Ok, ich kenne es vom Yoga… und nun habe ich einen Anhänger mit diesem Schriftzeichen um den Hals hängen. Für mich persönlich habe ich ihm die Bedeutung „so sein lassen, loslassen“ gegeben. Liege ich da ganz falsch ?
wiki zumindest sagt: om :).
Ja, das habe ich auch gelesen….. sagt aber wenig Genaues, oder ? Danke trotzdem 😉
Herrlich! Wann werden deine Indien-Erlebnisse denn nun endlich verfilmt… 😉
ha ha, danke 😆
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Andere Länder, andere Sitten. Aber eine schöne Sitte!
Eine Sitte, die gut tut. Wer hätte das gedacht?!
Toll erzählt hast du das.
danke, dir, meine liebe!
Guter Satz, definitiv. Aber … hallo? Jeder kommentiert den Satz, aber keiner die Tatsache, dass du den Dalai Lama begrüßen konntest! Oo
Ich beneide dich gerade ausführlichst… Hab ihn einmal live gesehen und war äußerst beeindruckt… Was ich allerdings schon vorher war, da braucht man sich nur mal seine Geschichte anschauen…
er ist wirklich großartig und überaus humorvoll 😆
So ist das oft mit der Verständigung, auch wenn man die gleiche Sprache spricht. Daran liegt es gar nicht. Aber diese Weisheit, die aus den Worten spricht, die ist gut, sehr hilfreich.
LG, April
man tut gut daran, sie zu beherzigen 😆
Na das war doch genau die Botschaft, die ich für den heutigen Tag gebraucht habe.
Liebe Grüsse
Anita
das freut mich, liebe anita!
und danke fürs vorbeischauen bei mir und die nachricht 😆