2. Nachsorge: Tag der Folter

heute war bislang ein tag der folter 🙄

6 monate nach der operation steht die 2. nachsorge an. meine 1. nachsorge vor 3 monaten, also 3 monate nach der op, umfasste eine gründliche sonographie, tastbefund, blutentnahme und ausführliches arztgespräch und ergab keinen anlass zur sorge. nach 6 monaten steht in der regel die 1. mammographie an. und natürlich auch wieder sonographie, blutentnahme und gespräch. das wird in der regel aufgeteilt und der mammographie-termin vorgeschoben, so dass diese ergebnisse zum arztgespräch und weiteren nachsorgeuntersuchung vorliegen. dieser termin ist in 10 tagen. heute stand die mammographie auf dem plan.

wisst ihr, das war so eine sache mit der mammographie heute. sie fand in der praxis statt, in der anfang januar, nachdem ich den knoten entdeckt hatte, die sonographische untersuchung stattgefunden hat. heute stand ich also wieder in dem gleichen raum, neben der liege, auf der ich vor knapp 6 1/2 monaten lag, voller angst und das angespannte, besorgte gesicht der ärztin sah, während sie auf den bildschirm des ultraschallgerätes schaute, nein: starrte. und schließlich der alles verändernde satz:

„ich sehe hier einen tumor. ich bin sicher, dass er bösartig ist.“

und dann der boden, der sich mit diesem satz unter mir auftat und mich verschluckte. für lange zeit.

ein halbes jahr ist das her. als ich heute neben dieser liege stand, sah ich sie mir genau an und hatte die damalige szene so deutlich vor augen, wie es nur geht. im zeitraffer liefen die 6 monate vor meinem inneren auge ab. wahnsinn, was ich da durchgemacht habe. was bin ich für ein ungemein tapferes menschenkind.

die mammographie war gauenhaft, tat echt weh. ich habe nicht allzu große brüste und meine operierte brust ist immer noch sehr empfindlich. als sie dann in das gerät reingepresst wurde, blieb mir echt die luft weg und ich musste massiv die zähne zusammenbeißen. boah, wenn dies hier zufällig ein hobby-folterknecht liest: sehr wirksame methode!

die ärztin erinnerte sich noch an mich und erkundigte sich, wie es mir geht. wie immer bei arztgesprächen, verbreitete sie gedämpfte zuversicht und hielt sich bedeckt. das ist immer so. man geht zum arzt rein und erhofft sich nichts sehnlicher als zu hören:

„wow, super. sie sind geheilt. für immer. gratuliere.“

diesen satz hört man nach einer krebserkrankung in der regel nicht. vielleicht so nach 6, 7 oder 10 jahren, wenn man sie ohne auffällige befunde überstanden hat. dann wird vermutlich vorsichtiger optimismus verbreitet. aber man lernt, zwischen den zeilen zu hören und aussagen wie:

„das sieht gut aus. ich bin sehr zufrieden mit ihnen. aller voraussicht nach wird ihr kopf auf den schultern bleiben.“

realistisch einzuschätzen und seinen glauben an das eigene überleben immer weiter zu stärken. es wird zum wichtigsten im leben.

die heutige mammographie und sonographie ergab nichts verdächtiges und die radiologin war sowohl vom kosmetischen aspekt als auch vom heilungsprozess meiner brust begeistert 😆

danach stand die nächste teiluntersuchung bei meinem gynäkologen an und ich tappte halb erleichtert, aber auch angespannt in richtung parkhaus. auf dem weg dorthin musste ich mir zur beruhigung meiner nerven 2 paar schuhe kaufen. ging ganz schnell 😆 1 paar behielt ich gleich an. außerdem belohnte ich mich mit einem buch, was ich in solchen situationen sehr gerne mache. im wartezimmer hatte ich in einer zeitschrift einen buchtipp gelesen: Linda Tucker, die Löwenfrau. die autobiografische geschichte einer jungen frau, die in südafrika aufgewachsen ist und bei einer safari von einem rudel weißer löwen angegriffen wurde. eine afrikanische schamanin rettete ihr leben. die autorin schmiss daraufhin ihren job in einer werbeagentur hin und ließ sich zur schamanin ausbilden. jetzt kämpft sie um den erhalt der weißen löwen und der natur.

das hört sich nach einer geschichte an, die ich unbedingt lesen will. ich liebe solche lebensgeschichten.

als ich bem arzt ankam, hatte ich mir in dem neuen schuh eine gigantische blase gelaufen und das, obwohl ich ihn nur etwa 200 meter am fuß hatte :mrgreen:

beim gynäkologen angekommen, kam der folter 2. teil: blutentnahme aus meiner guten alten vene, die nicht immer blut geben will und heute erstmal gar nicht und dann auch nur in zeitlupe. irgendwie will sie nicht mehr. ist immer noch geschockt und beleidigt, dass SIE jetzt blut geben muss und nicht mehr die am linken arm, die nicht mehr darf. zicke. und, als krönender abschluss, gab es als zugabe noch eine zoladexspritze, die auch für heute terminiert war. super, meine lieblings-horror-spritze. während sie in meinen bauch eindrang, starrte ich auf meine schuhtüte und das neue buch.

jetzt hab ich es aber hinter mir und bin endlich zu hause, erschlagen zwar, aber durch mit dem programm. in 10 tagen kommt dann der letzte teil der nachsorge, der ist dann aber komplett spritz- und folterfrei. mein hundimausispatz hypnotisiert mich seit geraumer zeit und ich werde jetzt mit ihm eine schöne, große waldrunde drehen. machts gut, bis morgen! ach ja, die schuhe habe ich auf dem rückweg umgetauscht 😉

Neues aus dem Brustkrebs-Tagebuch

wird mal wieder zeit für mein brustkrebs-tagebuch. immer nur lustige hundegeschichten, das geht ja auch nicht tstststs 🙄

meine familie ist wieder da. nach 2 wochen florida ohne mich sind sie wieder da und so gut mir die 2 wochen alleine auch getan haben, bin ich doch froh, dass sie heil wieder da sind. und so gut erholt. hat spaß gemacht, mir die reiseerlebnisse anzuhören. allerdings wurde mir auch bewusst, dass, auch wenn ich mit gekonnt hätte, es mir tatsächlich zu anstrengend gewesen wäre. hat der gute alte arzt also recht gehabt.

ich glaube, die haben mich vermisst, mein mann hätschelt mich und mein 19-jähriger sohn knuddelt mich, was er seit einer weile eigentlich nicht mehr so macht. jetzt wird geknuddelt, was das zeug hält 😛

heute nacht hatte ich einen traum. ich habe geträumt, dass ich mit meinem türkischen metzger zusammen mit anderen menschen am tisch sitze und esse und rede. nach dem essen gehe ich zur toilette und als ich wieder zurück komme, ist da nur noch eine große windschiefe bretterscheune. alle sind weg. ich öffne mühsam und rüttelnd die scheunentür, die sperrig in den angeln hängt und trete hinaus. und bin mitten in einer mir fremden stadt. die stadt ist eine mischung aus marrakesch und new york, eine orientalische und doch moderne stadt. die gassen sind sonnenhell und voller menschen. ich stehe eine weile unsicher und orientierungslos und auch fassungslos da und frage mich, wo meine mir bekannte welt geblieben ist und wo ich überhaupt bin. dann treibt mich die neugier voran und ich tauche in die sonnigen gassen mitten in die menge ein und denke mir: „wow, ich wusste gar nicht, dass new york soo toll ist. ich ziehe hierher.“

und, ihr traumdeuter unter den bloggern, wie interpretiert ihr den traum? würde mich interessieren!

in den letzten tagen merke ich, dass mein bewusstsein nicht mehr so aktiv mit brustkrebs beschäftigt ist. irgendwie ist es tiefer gerutscht und arbeitet dort weiter. weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. heute morgen dachte ich mir, dass es vielleicht nicht gut ist und ich daher nachlässig werde. aber mit was eigentlich? als hätte ich angst, dass der krebs zurück kommt, nur, weil ich nicht dauernd auf ihn achte. als könnte ich einen rückfall aufhalten, indem ich mich ständig darauf konzentriere. als würde man einen fixen punkt anschauen. und wenn man wegschaut, verschwindet der punkt unauffindbar. dabei kann ich das doch gar nicht kontrollieren. ich kann nicht kontrollieren, ob ich einen rückfall bekomme oder nicht. ich kann nur mein möglichstes tun, um mein immunsystem, meine seele, meinen geist und körper zu stärken.

ich habe das gefühl, dass sich meine wahrnehmung verschiebt. 3 monate ist es jetzt her, seit der diagnose, 2 seit der operation. es ist fast so, als würde ich schichtweise wieder auftauchen aus diesem alptraum. heute empfinde ich ganz deutlich, dass ich wieder anfange, meine nasenspitze und den kopf ins leben rauszustrecken.  schnupper schnupper. ich sag euch, ihr glaubt nicht, was man da mental und emotional so mitmacht! was für eine reise. während ich hier so meinen gedanken freien lauf lasse, fange ich an, meinen traum zu verstehen.

mein mann hat mir gestern den stern mitgebracht. den mit dem leitartikel über die an brustkrebs erkrankte Sylvie van der Vaart. ich habe den artikel gestern sehr aufmerksam gelesen. dabei ging mir folgendes durch den kopf. tja, liebe sylvie, ich kann genau verstehen, wie du das, was du sagt, meinst. so traurig es auch ist, wenn egal wer an krebs erkrankt, so hat es doch was gutes, wenn es ein promi ist. denn dann wird etwas öffentlich, was gerne verschwiegen wird. viele frauen gehen aus angst davor, dass etwas entdeckt werden könnte, nicht regelmäßig zur gründlichen vorsorge. ich kenne einige davon.

hey, ihr da, die das lest: lasst euch regelmäßig untersuchen. lasst euch zeigen, wie ihr eure brust selbst untersuchen könnt und macht es. verlasst euch nicht rein auf die mammographie. meinen tumor hat sie übersehen. macht regelmäßig eine gründliche mammasonographie. wenn eure kasse das nicht zahlt, fragt nach, was die untersuchung kostet und zahlt ggf. selbst. in meinem fall hat sie unter 100  gekostet. lasst sie von einem kundigen arzt machen. holt euch im zweifelsfall eine zweite meinung ein 😆