Rrriesengurrrken, frrisch gelandet!

ich kaufe furchtbar gerne bei meinem lieblings-türken ein. es ist irgendwie immer ein bisschen wie urlaub bei ihm. der laden ist lang und schmal, in der einen hälfte strahlt einem die ganze pracht südländischen und einheimischen gemüses und obstes entgegen, die andere hälfte lockt mit überbordenden regalen voller gewürze, süßspeisen, getrockneten früchten, unzähligen geheimnissen in dosen und flaschen, einem kühlregal mit geschätzten 100 feta-käse-sorten, einer großen fleischtheke und einer kühlvitrine mit den leckersten oliven, brotaufstrichen und eingelegtem gemüse. mitten im laden steht die kasse, mit einer umrahmenden theke, auf der alle verlockungen des orients versammelt sind und  von einem extrem motivierten verkäufer zu horrenden preisen  angepriesen werden, während er deine ware wiegt und addiert. man schafft es eigentlich nie, ohne zuvor nicht eingeplante flug-mangos, frische feigen, himbeeren, ingwerbonbons und was weiß ich noch, hinauszugehen und sich darüber zu wundern, wo das geld geblieben ist.

die eigentliche attraktion des geschäfts sind jedoch die verkäufer. ein club extrem gut gelaunter türkischer männer und wechselnder frauen. letztere werden aus mir unerfindlichen gründen regelmäßig ausgetauscht. die männer sehen sich ähnlich, da sie alle brüder, cousins, onkels usw sind. da es nicht nur mein lieblings-türke, sondern der lieblings-türke der halben stadt ist, ist es dort gewohnheitsmäßig sehr voll. es herrscht gedränge und gewühle und dazwischen wuseln hoch motivierte verkäufer rum, versprühen gute laune und appetit. alle einkaufswagen sind immer sehr voll 😆

gestern war ich das erste mal seit 3 monaten wieder da, da ich mich nach meiner op bislang nicht so recht in das gewühle getraut habe. „bonnnjourr madame, za va bjeng?“ schallte es mir gleich am eingang entgegen. cheffe scheint in den 3 monaten einen französisch-kurs absolviert zu haben. während ich mich, magisch von dem prächtigen obst angezogen, vorwärts schob, ertönte von hinten: „heute rrriesengurrrken, deutscher sparrrrgel, frrrrisch gelandet, leckrrrrr, leckrrrrr“ sofort stürzte sich eine größere menge kunden auf die hereinrollenden paletten mit gurken und spargel. hatte ich gestern keine lust drauf. hm, aber die tomaten sahen aus wie gemalt. gerade als ich eine hochnahm um sie näher zu inspizieren, tauchte wie von geisterhand cheffe auf, nahm sie mir aus der hand, hielt sie sich unter seine beachtliche nase, schnüffelte laut daran, indem er genießerisch die luft einsog und sagte beseelt: “ wunderrrbar, säähhrr feinnn, fantastisch, säährrr gute tomaten„.

meinen wagen vollgeladen rollte ich zur fleischtheke und lud unterwegs noch ein paar gewürze in gläsern, getrocknete aprikosen und marmelade ein. da meine familie heute aus dem urlaub zurückkommt, will ich ein leckeres begrüßungsessen kochen und habe mich für lammcurry nach einem südafrikanischen rezept (extrem lecker!!!) entschieden. es gibt in diesem geschäft das beste lamm und zudem den charmantesten metzger der stadt 😉 er macht mir immer petz-augen und dann schmeckt es doppelt so gut. außerdem ist es jedesmal ein erlebnis, an der fleischtheke zu stehen, da hier türkische rezepte ausgetauscht werden und man was dabei lernen kann. so wie gestern, als eine etwa 10 m lange schlange von mir und dem metzger lernte. ich hätte mich an stelle der hinter mir stehenden kunden gehasst. egal. „1 kg lamm von der schulter, ausgebeint und geschnitten bitte.“ während er sich ans werk machte, fragte er mich: „was haben sie vor mit dem lamm?“ „lammcurry.“ „oh, sehr fein, lammcurry, ich mache viel lammcurry zu hause.“  längere pause, dann misstrauischer blick “ sie machen ja nicht sahne an das curry, oder?“ „nein“ es folgte ein verliebter blick mit mehreren petz-augen und dann „oh, da bin ich erleichtert. viele kaufen das gute lamm für lammcurry und dann verderben sie es mit sahne, schrecklich.“ “ nein, ich mache doch keine sahne dran, das würde ich nie machen. aber ich mache aprikosen dran und aprikosenmarmelade. das ist ein südafrikanisches rezept.“ ungläubiges staunen. dann folgte eine ausführliche rezeptbeschreibung meinerseits und tipps seinerseits sowie zweier türkischer männer, die hinter mir standen. sie rieten mir, noch berberitze dran zu machen. als ich schließlich zur kasse abzog, vermied ich den blick auf die schlange hinter mir, die in der zwischenzeit mental sicher gegen sämtliche auflagen des abrüstungsabkommens verstoßen hatte und freute mich stattdessen über das nette gespräch.

ansehnliche schlange vor der kasse, vor mir volle einkaufswagen, so wie meiner, wartezeit vorprogrammiert. und in dieser situation lernte ich einen guten trick. während ich so dastand, schlenkerte von hinten unauffällig eine kleine plastiktüte an mir vorbei, so in augenhöhe etwa, hin und zurück. 2 sekunden später, wieder. schlenker, schlenker. nach weiteren 3x wagte ich einen blick nach hinten. da stand ein altes, türkisches muttchen, schaute mich strahlend an und schaute dann traurig auf ihre plastiktüte, in der nur 4 salatgurken waren. „möchten sie vielleicht vorgehen, sie haben ja nicht viel?“ schwupps, war sie vor mir. einige sekunden später fühlte ich hinter mir körperkontakt, zaghaft aber unmissverständlich steigend. ich drehte mich ein weiteres mal um. noch ein altes, türkisches muttchen, diesmal mit mehreren salatköpfen in der tüte. wollte wohl auch vor. so geht das also, da haben wir dann was gelernt. mit unplanmäßigen flug-mangos, leerem geldbeutel und zufrieden verließ ich den laden und freute mich aufs nächste mal.