Feuchtfröhlicher Herbstritt

es gibt tage, die man gerne in sein schatzkästchen der schönen dinge packt. gestern war so ein tag. seit wochen liefen in unserem stall emsige vorbereitungen für den alljährlichen herbstritt. für mich, die neu auf dem hof ist, sollte es der erste mit lola sein. nicht nur für mich. auch für meine mama, die die zweite hälfte reiten sollte. und für lola der erste im neuen zuhause. und genau da lag ein wenig der hase im pfeffer. unsere gute lola ist mit ihren 18 jahren zwar schon ein etwas betagtes mädel, sie ist aber durchaus noch eine wilde hilde. vor allem in der gruppe. von der vorbesitzerin weiß ich, dass sie in der gruppe gerne mal den schalter umlegt und ab durch die mitte bis zum horizont. so stand sie dem herbstritt etwas skeptisch gegenüber: „bist du dir sicher, dass du das machen willst?“. wenn man so etwas weiß, hat man tief in seinem innern eine gewisse verunsicherung. ich habe lola bislang als sehr sicheres geländepferd erlebt, habe jedoch auch schon einmal eine lola erlebt, die in der gruppe nur äußerst mühsam zu halten ist und beim galopp als tiefergelegtes turbotier erst am nächsten zaun haltmachte. ein königreich für zäune.

wie auch immer. katerwolf und mama katerwolf waren etwas schisserig und grübelten bis zuletzt darüber nach, ob sie mit der ersten, großen gruppe oder mit der kleinen nachhut, der schisshasen-truppe, mitreiten sollten. wir entschieden uns für die große truppe und ein schärferes gebiss.

kurz vor 12 saß ich gestern auf einer sichtlich beleidigten, da mit einem scharfen und auch noch eng geschnalltem pelham-gebiss im maul, lola, die sich mit großen augen und gespitzen ohren ihre pferdetruppe anschaute. 2-3 mutschnäpse später ritten wir alle los. hab ich euch schon gesagt, dass wir das schönste herbstwetter bestellt hatten, das man sich wünschen kann? es war der perfekte herbstritttag: strahlend blauer himmel, keine wolke weit und breit, sonne und rings um uns goldenes herbstlicht. die pferdchen marschierten munter drauflos. lola peilte sofort sehr motiviert die pole position an, schaffte es fast, und so setzten wir unseren weg als nummer drei fort.

„die ist doch ganz ruhig und brav,“ ließ bernd, der neben mir ritt, verlauten. ein wenig neidisch, da sein pferd die erste hälfte des herbstritts auf hufspitzen absolvierte und dazu führte, dass die beiden nach der halbzeit, gemeinsam mit diabolo, der die erste halbzeit auf der schweifspitze hinter sich brachte, separat zurückritten. der erste trab wurde angesagt. lola machte einen mächtigen satz nach vorne und landete mit ihrem gewicht im scharfen pelham-gebiss. sichtlich angefressen fing sie an zu buckeln. „ookaaay,“ ließ bernd hören, „die ist ja wirklich nicht ohne, die gute, uiuiui.“ das hätten wir dann geklärt. nach weiteren 2 trabs und 1 galopp teilte ich der gruppe zur allgemeinen belustigung mit: „ich danke dem erfinder des pelham-gebisses aus tiefstem herzen.“ mein lolachen hatte sich bis zum zwischenstopp beharrlich und erfolgreich an die spitze vorgearbeitet und betrat munter und sichtlich zufrieden als erste die halbzeit-bühne, einen sonnigen waldparkplatz, auf dem unser fanclub schon die versorgungsstation aufgebaut hatte. vermutlich war genau das lolas ziel. erste sein.

als meine mama sah, in welchem zustand lola ankam, nass, leicht schaumig und extrem munter, rutschte ihr ein wenig das herz in die hose. beteuerungen seitens meiner mitreiter, wie munter lola die ganze zeit gewesen war, machten es nicht unbedingt besser. mama bekam einen zwangsschnaps und weiter ging es zur zweiten etappe. ein wenig unbehaglich sah ich der im wald entschwindenden truppe und meiner heldenhaften mama auf der tänzelnden dampflok-lola hinterher. ich bin echt saustolz auf meine mam. das soll ihr mal eine nachmachen, oder?

aber am ende war alles gut. fazit: 4 von 14 pferden waren nicht brav, lola war eine davon. 1 pferd versuchte sich dem ritt durch hinfallen-lassen zu entziehen. der verdacht auf akute kolik mitten im wald entpuppte sich als fliege am bauch. alle pferde standen nach dem ritt zufrieden bei hafer und heu in ihren boxen. alle reiter saßen bis zum sonnenuntergang ebenso zufrieden bei beachtlichen mengen crémant und schnaps zuerst in der sonne und später im reiterkeller beisammen und erzählten sich in allen einzelheiten, wie es denn nun gewesen war. und wie es all die jahre zuvor gewesen war. welches pferd besonders kernig und welcher reiter besonders betrunken war. es scheint eine dame auf dem hof zu geben, die in den jahren zuvor beim zwischenstopp einfach wie ein nasser sack vom pferd kippte. hihi. es war lustig gestern. es war schön. wir hatten großen spaß. mein mann und mein vater kamen zur after-reit-sause hinzu. ich habe alle schnäpse der dorfbrennerei probiert. ich habe heute kopfschmerzen. aber: es geht mir gut. mächtig gut sogar. 😆

21 Gedanken zu „Feuchtfröhlicher Herbstritt

  1. Ganz ehrlich? Du musst eine tolle Mama haben!!!!!! Das sie sich GETRAUT hat, das Pferd nach der Pause zu reiten – Höllenrespekt! Bitte ausrichten!!!!!
    Und das Wetter war natürlich ein Traum für diesen Ausritt.
    Liebe Grüsse Brigitte

    • liebe brigitte, ich HABE eine tolle mama, sie ist eine echte amazone und ich richte es ihr aus. und werde eine kleine textänderung in meinem post durchführen 😉

      alles liebe dir 😆

  2. Wunderschön! Erinnert mich an frühere Erlebnisse, als ich noch zu einem Reiterhof gehörte. Deine Beschreibung des Herbstausritts und der After-Reit-Sause ist so wunderbar anschaulich beschrieben, dass sie in meinem Kopf ein wohliges Durcheinander an erinnerten Episoden herrscht.

  3. Wow, toll und sehr mutig von deiner Mama!

    Ich hatte seinerzeit für unsere Zicke in diesen Westernbit investiert. http://www.kraemer-pferdesport.de/websale7/?act=product&prod_index=180131&cat_index=247596&shopid=kraemer-pferdesport&subshopid=01-aa Da brauchte es keine Kette und sie reagierte auf die leichteste Zügelbewegung, das war phänomenal. Kann ich nur empfehlen, bin mit nix anderem mehr geritten. 🙂 (Das gute Stück, damals wars schwarz und mit Kupfereinlagen, habe ich sogar immernoch im Keller. Das Pferdchen dazu ist leider schon 11 Jahre tot 😦 )

    • ja, ich bin auch sehr stolz auf meine liebe mam 🙂

      danke für den tipp mit dem gebiss, gut dass es solche sachen gibt für den notfall! ich werde jetzt aber bis zum nächsten herbstritt entspannt auf trense weiterreiten können 😆

      • Ich fand den sehr entspannt (ich glaube nur die Shanks sind bei meiner etwas länger). Aber ich bin ja nie streng englisch geritten sondern es war eine Freizeitmischung aus englischer und Westernreitweise.
        Die meiste Zeit bei Ausritten gings am völlig losen Zügel, entspannt. 🙂 Die Pferde die ich ritt reagierten auf die Gewichtsverlagerungen und ganz leichtes Zügel anheben am besten. Aber gut, ich bin auch immer ohne Sattel geritten, da ist der Kontakt nochmal anders.

  4. Na da kannst Du echt stolz auf Deine Mama sein 🙂

    Das Snaffle Bit with Shanks habe ich für Shaman auch, wanderte aber nach seltenem Gebrauch in die Mottenkiste. Er mag es nicht und bei der Fuchsjagd 2003 brachte es gleich null. Damals hab ich mir auch gedacht, lieber ein schärferes Gebiss für die kleine Rennsemmel. Tja, denkste. Mit Halfter das reinste Lamm, je schärfer das Gebiss, umso saurer mein Pferd. Mal davon abgesehen, ein scharfes Gebiss hält kein 500 kg schweres Pferd davon ab durchzugehen etc. Ganz Fluchttier laufen sie vor Schmerzen dann noch schneller davon…Da ich nicht weiß wie Lola früher geritten wurde, denke ich war es richtig von Dir dieses Gebiss zu wählen. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass ein scharfes Gebiss nur ins Maul gehört, wenn Pferd & Reiter so weit sind, dass sie es gar nicht mehr brauchen..Keinesfalls aber als Bremse…

    Ganz und gar nicht gut heiße ich allerdings den Konsum von Alkohol in der Nähe von Pferden und schon gar nicht während des Reitens oder Fahrens. Über die Dame, die anscheinend alkoholisiert vom Pferd fiel, kann ich nun wirklich nicht lachen. Ich finde es eher beschämend. Nach dem Reiten beim gemütlichen Zusammensein gerne, aber sonst geht Sicherheit vor.

    • hi wolke (so heißt übrigens lolas beste koppelfreundin!), weißt du, ich bin echt froh, dass ich das gebiss in gebrauch hatte. auf trense wäre das ein kampf geworden. mit meinem entzündeten ellenbogen hatte ich da noch weniger lust drauf. ich selbst bin keine freundin von scharfen gebissen, aber es gibt situationen, da sind sie schon sehr hilfreich. 1x im jahr schadet es lola nicht. ich finde es nur schade, wenn solche gebisse im dauereinsatz sind.

      mit dem alkohol hast du wohl recht. aus genau diesem grund gibt es bei unserem herbstritt seit jahren nur noch den schnaps-auf-den-weg. und dann erst wieder, wenn die pferde wieder in der box stehen. ich selbst erinnere mich gut an solche ritte aus meiner jugendzeit, als die „großen“ noch den flachmann dabei hatten. früher war sowas gang und gebe. heute nicht mehr. und das ist auch gut so.

      alles liebe, katerwolf

      • Das erinnert mich gerade an die Herren, die auf Mittelaltermärkten auf ihre Pferden echte Ritterturniere nachstellen und mit scharfen Sporen die Flanken blutig getreten haben. Dreckssäcke elendige.
        Ich habe einmal was gesagt und der Typ hat mich total zusammen gefaltet was ich mich denn einmische. Dabei war sein Pferd lammfromm, er hats nur für den Showeffekt so gequält. 😦

  5. @Blogolade da hätte ich auch was gesagt, sowas kann ich nicht mit ansehen 😦 Ohne Sattel reiten ist herrlich. Ich nehm aber meist noch n Gurt dazu, Shaman kann Haken schlagen dass einem übel wird 😛

    @katerwolf eine Wolke als Pferdchen, himmlisch 😀

  6. Hallo Katerwolf, nach langer Zeit hinterlasse ich auch mal wieder einen Kommentar. Das der Austritt super war, kommt mit jedem Wort rüber. Respekt vor deiner Mama. Ich weiß wovon ich rede, denn ich hatte am Samstag meine 2. Reitstunde. Ein langgehegter Wunsch von mir, in meinem „hohen“ Alter noch das Reiten zu erlernen. Aber, wenn ich das hier lese, von deiner Mutter, dann besteht ja für mich noch Hoffnung.
    So, dann kann die Woche doch nur gut werden…. das wünsche ich dir von Herzen
    Grüsse Andrea

  7. Schön das ihr Spaß hattet.
    Zum Gebiss:
    Ein Gebiss ist immer so scharf wie die Hand des Reiters!

    Auch unsachgemässer Gebrauch eines einfachen Gebisses kann beim Pferd Schaden anrichten.

    Wenn ein Pelham oder ähnliche Gebisse genügend sensibel vom Reiter angefasst werden, finde ich nichts schlimmes daran!
    L.G. Anja

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